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Klanggenuss in der Bergkirche
23.03.2010 - HOCHHEIM
Von Gunter Weigand
KONZERT Ensemble Paulinum und "Pulchra Musica" führen seltene Markus-Passion von Reinhard Keiser auf
HOCHHEIM. Mit einer inspirierten Aufführung von Reinhard Keisers Markus-Passion
eröffneten das Ensemble Paulinum und das Barockorchester "Pulchra
Musica" unter der Leitung von Christian Bonath das Jubiläumsjahr der
evangelischen Bergkirche auf musikalische Weise. Die Darbietung von
Sängern und Instrumentalisten wurden von den knapp 300 Besuchern mit
großer Begeisterung aufgenommen.
Ein schon von Meister Bach
sehr geschätztes Werk
Der Name Reinhard Keiser
dürfte heute selbst regelmäßigen Konzertbesuchern nicht mehr allzu viel
sagen, hatte er doch schon zu seinen Lebzeiten mit der Konkurrenz
bekannterer Komponisten wie Georg Philipp Telemann oder Johann Sebastian
Bach zu kämpfen. Doch der große Bach schätzte insbesondere Keisers
"Markus-Passion" außerordentlich und brachte sie über Jahrzehnte
hinweg immer wieder zur Aufführung. Seine Stimmenabschriften sind es
auch, dank derer das Werk überhaupt noch erhalten ist und somit indirekt
den musikalischen Genuss in der Bergkirche ermöglichten.
Das kleine Orchester tastete
sich die ersten Takte etwas zaghaft hinein, war sich offenbar der
eigenen Stärke noch nicht sicher. Im Zusammenwirken zwischen Dirigent
Bonath und Konzertmeister Peter Jutz wurde jedoch rasch eine sichere
Basis für die Sänger geschaffen, die in der Folge auch nicht mehr
verloren ging. Der Chor dankte es bereits mit seinem ersten Einsatz, der
Christi Leiden auf packende Art und Weise darstellte.
Obwohl das Ensemble im
Vergleich zu den Solisten nicht so oft zum Zug kam, gelang es ihm dafür,
diesen Momenten eine nachhaltige Wirkung zu verleihen. Insbesondere die
Stelle, an der die Menge den am Kreuz hängenden Jesus verspottet,
gestalteten die Sänger mit beinahe schmerzhafter Intensität.
Während sich andere Chöre für
die Aufführungen von größeren Werken häufig Solisten für teures Geld
einkaufen müssen, ist das Ensemble Paulinum in der glücklichen Lage,
Solistenparts aus den eigenen Reihen besetzen können. Burkhard
Hildebrand hatte in der Rolle des Evangelisten eine enorme Arbeit zu
leisten, wobei erschwerend hinzukam, dass er manchmal ohne jegliche
instrumentale Unterstützung zu agieren hatte. Sein Vortrag war von einer
trotz schwieriger Passagen ansprechenden Intonation und vorbildlicher
Textverständlichkeit geprägt.
Aber auch die anderen Solisten
wussten zu überzeugen. Stephan Wernersbach gab einen Jesus mit
kraftvoller, warmer Stimme, Sandra Ehses und Hedi Killick übernahmen die
leider nur selten auftretenden Mägde.
Die beiden Zauderer der
Passionsgeschichte, Petrus und Pilatus, wurden von Peter Münch souverän
verkörpert, wohingegen Christian Bonath sich erfolgreich in die
Altstimmlage hervorwagte, um den verschlagenen Judas in all seiner
Falschheit darzustellen.
Es war aber besonders der
Dirigent Bonath, der der Aufführung seinen ganz persönlichen Stempel
aufdrückte. Er ging mit großer Leidenschaft zu Werke und agierte an
einer Stelle mit einer solchen Vehemenz, dass er das an der Truhenorgel
befestigte Notenpult krachend zu Fall brachte. So holte er aus Chor und
Orchester eine starke Leistung heraus und legte gleichzeitig für
künftige Auftritte des Ensemble Paulinum die Messlatte ziemlich hoch.
(Quelle: Wormser Zeitung)